Dato: 15. juni 1846
Fra: H.C. Andersen   Til: Carolina, Lina von Eisendecher
Sprog: tysk.

Neapel 15 Juni 1846.

Lieber Frau von Eisendecker!

mehrere Wochen habe ich immer auf dem Posthaus gefragt, aber kein Brief aus Oldenburg; endlich vorgestern brachte ein Schwede, der kam aus Rom, Ihre liebe Brief; ich bin schon beinahe 6 Wochen in Neapel. Aus Wien habe ich kein Wort; vor meine Abreise habe ich genau meine Adresse aufgegeben und alle Briefe aus Dänemark nach Wien sind richtig nach mir nachgeschickt! Ihre Brief, mit einer Einlage von Alexander Beaulieu, ist gar nicht gekommen, es thut mir so leid! Wie sollte eben Ihre Brief verloren gehen? - Ich bin unwohl hier in Neapel, ich kann die Hitze gar nicht vertragen, und leider muß ich noch beinahe acht Tage warten bis ein Dampschiff geht nach Marsaillie.

Der 24 Martz ging ich von Triest nach Ancona, ich bekam ein sehr gute Koie, und in die sternenhellen Nacht fuhr ich ueber das Adriatermeer. In Geselschaft mit ein sehr liebenswürdiger Männer, Graf Paar, Bruder des Fürst Paar, und ein Edelmann aus Ungarn Bogdanowitz nahm ich in Ancona Wagen ueber die Appeninen nach Rom. Die Obstbaumen blühten, jeden Straß war voll mit- Sonnenschein, es war sontagsfestlich, es war Frühling im Thale, daroben lag der Winter. Unserer Ungarer erzählte, er führte, gegen die Räubern, zwei stark geladenen Pistolen mit sich; ich fragte: »wo sind sie?«Die waren beide sehr schön eingepackt im Nachtfach, verriegelt mit zwei Schlossen. /

Der letzte Märtz am 10 Uhr Vormittags kam ich, für dritte Mahl, ins Leben nach Rom, aber der alte Weltstadt ist schon nicht wie vor 13 Jahren, da ich kam hier erste Mahl. Alles ist moderniiert, Alles ist so sauber, die Ruinen abgeputzt; es war meinen Gefühlen zuwieder, wie die Leute von der Campagne standen vor der Kirke Osternsontag, da der Pabst den Segen gab, für 13 Jahren knieten sie Alle. Der Verstand hat selbst dIe Glaube ueberwunden. Prof. Stahr habe ich mehrmalsgesprochen, er sah leidend und angegriffen aus, er war sonst freundlich und gut, sagen Sie ihm mein Gruß, sagen Sie, daß die Lewald, die Schriftstellerinn ist nach Ischia gegangen und - ihre Vater ist gestorben - deswegen lebt sie bei d: Familie Schwanenfeldt, ich bin vorrege Sontag da gewesen. /

Mein Geburtstag feierte ich in Rom, und von die Dänen, Schweden und Norweger in Rom war ich des Abends eingeladen und meine Gesundheit ausgebracht; ich bekam auch ein Par hübsche Bilder und von Frau von G6i:he bekam ich einen großen ächtrömischen Blumenstrauß. Auch in Rom wurde ich verehrt, die Menschen sind mir ueberall gut. Der Däne Kolberg hat meine Büste gemacht, die geht nach Dänemark, ich hoffe, einmal aus Kopenhagen zur See, ein Abguß nach Bremen schicken zu können, und dann bekommt mein Bild den Eckplatz in d: Stube. Nicht wahr? /

Von die neueren Sachen in Rom stelle ich am höchsten Jerichaus »Jäger«, diese Statue ist noch herlicher als sein vielbesprochne Herkules und Hebe; er hat von einen rusischen Fürst Bestellung darann, und ist sein Gesundheits wegen nach Dänemark abgereist; mit Weemuth ging ich aus Rom, ich liebe diese Stadt, mit seinen Erinnerungen und seinen Herlichkeiten; ich liebe die Campagne, die blaue, wolchenartige Gebirge! Nie komme ich wieder nach Rom, es war dritte und letzte Mahl, aber wie wenige Menschen sind so glücklich gewesen wie ich! -

Wenn man kommt von Rom, hat Neapel keine Kirken, nichts, d: Museum ausgenommen zu sehen; man muß in die Umgebung wandeln, ich bin auch acht Tage schon in Sorrent, ich habe ein Paar Tage auf Capri verlebt, und immer und immer nach die Gebirge geflogen, aber wie gesagt, ich bin sehr angegriffen von d: Wärme; die Hitze, die Scerocco ist unerträglich, ich muß immer fahren, gehen ist nicht möglicht; es ist als ob das Marck aus die Beine gebrannt würde. Ich habe Furcht für die Reise nach Spanien, aber ein Versuch will ich doch machen, jetz sehe ich wie die Seereise nach Marseille stärket, und dann gehe ich mit ein Dampschiff von Marseille nach Barzelona, wird es dann nicht schlimmer reist ich tiefer in Spanien hinein, bis Cadix, sonst muß ich leider ueber Marseille zurück, nach Schweitz und dann in Deutschland, meine lieben Deutschland hinein, das letzte soll mir Trost bringen. /

Wie es geht oder nicht geht, auf die Rückreise nach Dänemark komme ich ueber Oldenburg, aber ich schreibe, mehrmals, und Sie, ja Sie schreiben auch, ich bin so lange ohne Nachricht von Ihnen gewesen, ich konnte es nicht verstehen, nicht ausfinden warum. Schreiben Sie jetz, bis weiter, nach Marseille post restante, erzählen Sie mir wie es blüht und lebt in Oldenburg, in Gartenstraße; was sagen die Kleinen? Der gute, vortrefliche Hofrath schicke ich tausenden Grüßen, ich weiß es wohl, er ist mir herzensgut, aber er konnte auch ein kleines: »gutten Tag« in Ihre Brief hineinschreiben! -

Hier schreibe ich in einer halbduncklen Zimmer, Alles ist zugeschloßen für die Sonnenstrahlen, und daraußen ist ein Lärm, ein Ruffen, man wird ganz nerweus dabei, nein, nach Neapel muß man im Winter oder Herbst, denn im Sommer, fällt die Wärme wie ein ungeheure Polyp ueber die Glieder. Sonst habe ich hier und in Rom, beinahe meine Biographie beendiget, für die Gesammtausgabe meiner Schriften; es ist gar nicht leicht so was zu schreiben, wenn es herausgegeben werden soll, und d: Zeit man noch lebt, gelesen; da kommen Verhältniße, Personen, die mann herumgehen muß, und facta müsste doch erzählt werden. Hier sind sehr vielen Felsen die ich umschiffen muß, wenn es nur gelingt! Es wird, glaube ich, neun gedruchte Bogen.

Der preußische Gesandte Baron Brockhausen, hier in Neapel, hat mir sehr freundlich aufgenommen, ich habe viele Einladungen aber wie gesagt, im Sommer in Neapel muß man still sein oder krank werden. - Ich liebe Italien, aber es hat mich dieses Mal mit gar zu viel Wärme empfangen; zu viel ist ungesund!

Grüßen Sie innig und herzlich Edmund Beaulieu, so auch die Eltern, bringen Sie Alexander mein Danck für d: Brief, aber sagen Sie ihm, daß ich gar keinen empfangen habe. Bringen Sie mir gnädigst in Erinnerung bei Sr: königl: H: der Großherzog und die junge Großherzoginn; auch bei die gnädigen Hofdamen hoffe ich, nicht vergessen zu werden; die Freundinnen aus Bremen und alle Nachtbarn und befreundete tausend Grüsen. Aus Kopenhagen höre ich, daß die Oper: »Liden Kirsten«, ich habe die Text geschrieben, Hartmann die Musik, hat sehr gefallen, und man glaubt daß diese Oper will lange auf d: Repertoire bleiben. Gade in Leipzig, wissen Sie, habe ich, auf meine Reise, ein neun Text gegeben, die hoffe ich, kommt auf die deutschen Bühnen. -

Und nun leben Sie wohl und glücklich! auf die Gedanken bin ich, in Gartenstraße, sehe die treue, freundliche Gesichter; Sie, Ihre Gemahl, die Kinder, sind mir so lebendig im Herzen, und ich weiß es ich habe Freunde, wahre Freunde, in das kleine grüne Land an der Hunte!

immer ihre danckbare

treuer Freund

H. C. Andersen

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