Dato: 17. maj 1860
Fra: Friederike Serre, f. Hammerdörfer   Til: H.C. Andersen

Am 17. May 1860 Dresden

Theuerster, verehrter Freund!

Wüßte ich erst selbst sicher, was mit mir noch geschieht – ob ich nach Ems und wann reisen, ich zögerte nicht mit meiner Antwort. Doch es hängt Alles von Serre ab! Er wollte nach Teplitz reisen, doch sein ganzes Wesen ist zu sehr aufgeregt – man sagt, dann ist es sehr schädlich und so geht er nach Schandau, nur um Tagelang, körperlich und geistig aus zuruhen, auch mich macht diese ewige Unruhe Sorgen und Unannehmlichkeiten mit diesem großem Unternehmen so nervös, daß ich oft Ohnmachten bekomme! – Ich soll und muß auch eine Zeit, andere Luft andere Gegenstände genießen und mich erhohlen. Doch den 9t Juni würden Sie hierher kommen, und erlaubt es Frau v. Göthes Gesundheit, auch sie – ./. nach Maxen kommen, und Clara Heinke die den 1st Juny mit ihrer Tante sich hier etablirt – um auch Sie noch einmal zu sehen? Sind das nicht Fesseln deren man wohl widerstehen kann! – Wäre mein Mann wie bestimmt früher in ein Bad – wäre ich den 18t May nach Ems gegangen! –

Wenn Sie mir von Ihrer Reise aus schreiben, was ich hoffe und sehnlichst wünsche, immer hierher addressiren – sie werden mir nachgeschickt! –

Also kommen Sie, je früher, je beßer, da ich gern den 15. Juny abreisen möchte. Sollte etwas vorfallen, wohin kann ich Ihnen eine telegrafische Depesche schicken? So wird während Ihrer Abwesenheit also, Ihr neues Buch, deutsch erscheinen? Wie begierig bin ich darauf! – ./.

Gestern hat unser Kronprinz ein werthvolles Gemählde zur Lotterie geschickt – und Frau von Göthe 150, meist sehr werth - und geschmackvolle Geschenke, theils gesammelt, theils haben sie, die 3 Göthes und Ulrike Pochwisch [Pogwisch] geschenkt; Welch aufopfernde, herrliche Freundin sie ist kann man nicht aus sagen – und es ist ein Gottes segen solch edlen Menschen nahe stehen zu können. Gräfin Moltke ist recht leidend – und beginnt eine neue Cur, welche sie bis Ende July in Dresden feßelt – und verhindert zu Haralds Hochzeit nach Paris zu gehen! – Ach, ich glaube, die Ärzte haben sie auf dem Gewißen. Ihre größte Freude ist, wenn ich sie besuche und neben ihr sitze, aber mein Leben ist so zerrissen mit den häußlichen Sorgen und Angelegenheiten, unerwünschten Besuchen – die mich ermüden – auch die ./. immer leidende Göthe nimmt meine Abende in Anspruch – so gelange ich nicht zu Allem was ich möchte, am wenigsten zur Einkehr in mich selbst. Durch das Buch, Briefe Varnhagens an eine Freundin – (Amely Bölte) was sie heraus gegeben – ist Kühne recht angegriffen, und häßlich von Varnh. beurtheilt von ihm, den er als seinen besten Freund glaubte. O über solche indiscretionen, Briefe – die nur gedacht und geschrieben für den Empfänger sind – drucken zu laßen! Wie gefährlich ein berühmter Mann zu sein – wo jedes Wort aufgegriffen wird! – Leider sind die Lotterie Angelegenheit mit dem Gr. Herz. von Weimar wieder un günstig. Eine falsche Rolle spielt dabey Dingelstedt, ein sehr schlechter Rathgeber, noch gefährlicher und schädlicher für ihn – als Liszt es war! Doch zum Schluß! Den treusten Herzens Gruß

Ihre Fr.

[i margenen, p.4::] Bitte bald Nachricht wohin soll ich meine Delegrafen [sic] Dep. schicken müßte ich meinen Reiseplan ändern

[i margenen, p.1] Sie schreiben mir wohl bald wieder.

Tekst fra: Niels Oxenvad (KB affoto 5250-53)