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Dato: 10. maj 1844
Fra: H.C. Andersen   Til: Ferdinand Freiligrath

Copenhagen 10. Mai 1844

Lieber, lieber Freund!

Heute kam der Brief, der liebe erste Brief aus St. Goar, ich hatte ihn gar nicht erwartet, denn schon ein Jahr ist hingegangen, nachdem ich geschrieben habe; sehr oft, wenn ich darann dachte, war ich ganz wehmütig, zweifelte an die Menschen, ja, ich leide mitunter ganz spleenartig, und dann sehe ich Alles durch ein schwarzes Flor; doch immer, wenn ich Ihre Freude, Ihre offene Herzlichkeit, die kurze Stunde beim Absteigen in St. Goar in meine Erinnerung zurückrufe, stand es mir so klar, daß, wenn auch kein Brief eintraf, Sie hätten mich doch lieb, ich war nicht vergessen, und wenn wir uns wiedersähen, Sie könnten sich leicht bei mir entschuldigen. Am schönsten war es, wenn der Gedanke lebendig hervortrat: ach Gott, ich kann ja gar nicht deutsch schreiben, und hat mich vielleicht mit dem Briefe prosituiert, meine Gefühle sind in dem fremden Gewande ganz affectirt oder albern hervorgetreten. Doch lachen Sie immerhin über die dumgrammatikalischen Wendungen,/ es sind vielleicht einige in einander verschlungene Dorn-Büsche, aber Sie, der Dichter, entdecken wohl die frische Knospe des Herzens darinn, und dann verstehen Sie die Hauptsache: Sie sind mir so lieb. O, grüßen Sie doch sehr und innig Ihre liebe, gute Frau; das war herzlich, ich soll es nie vergessen, daß sie geschrieben hat, und um zu zeigen, wie lieb mir der Brief ist und bleibt, schreibe ich augenblicklich, obschon ich auch und sehr oft “Stimmungen habe, in denen man auch seinen besten Freunden nicht schreiben kann.” -

Der Frühling ist bei uns jetzt eingetreten, mein Herz hat sich so sehr danach gesehnt; ich war recht fleisig im Winter, aber nicht heiter, nicht glücklich; eine kleine Reise kann mir wohl tun, und für eine solche habe ich mich entschlossen; erst dachte ich nach Schweden zu gehen, da habe ich sehr viele Freunde, alle meine Schriften sind übersetzt, und ich habe weit mehr öffentliche Erkennung da gefunden als in Dänemark, das kleine, in Copenhagen concentrierte Land; aber es ist noch kalt in Stockholm, und ich will Sonne und Sommerluft, darum gehe ich jetzt nach Deutschland. Ich war gesonnen, in St. Goar einen Monat zu verweieln, aber Sie sind fort, lieber Freund. Dann gehe ich / nicht dort hin; nein, vielleicht nach dem Harz, nach Dresden und nach Weimar, und dann - ach ja, dann wieder gegen Norden! Schreiben Sie mir doch bald, oder bitten Sie ihre liebe Frau, daß sie mir mit der umgehenden Post ein paar Zeilen zuschreibe, damit ich erfahren kann, welches Bad Sie besuchen; vieleicht komme ich in die Gegend, und dann werde ich wo mögliche dahin kommen.

Thorwaldsen ist gestorben,wie Sie wissen; ich war grade mit ihm den letzten Mittag beim Baron Stampe. Øehlenschläger und ich waren beide eingeladen, und er sprach mit mir so heiter und lebensfroh, drückte mit seiner warmen Hand die meinige, eine halbe Stunde früher, als er starb; er ging ganz allein ins Theater, starb da noch während er Ouverture der “Griseldis”. Beym Begrabnisfeier habe ich für die Studenten ein "Schlafewohl" geschrieben, Hartmann hat dazu eine schöne Musik componiert. Ich bitte, grüßen Sie sehr die Schwester Ihrer Frau; ich hoffe wohl, daß wir einmal im Leben uns begegnen, auch die gute Frau Wirtin zur Lillie grüßen Sie, aber ich fürchte, sie hat nicht mich, aber eine ganz andere Person betrachtet, da sie den Leuten erzählen könnte, daß ich "schöne Augen" hätte; der geistreichen Dame, von der Bekanntschaft Ihrer lieben Frau, diejenige, welche mein / "Bilderbuch ohne Bilder" ins Französische übersetzen will, bringe ich meinen freundlichsten Dank. Frisch, schön und herzlich ist das Gedicht "Rübezahl", vielen Dank dafür

Im Juni kommt eine Übersetztung (deutsch) meiner Kindermärchen heraus, meine Biographie und mein Porträt ist dabei. Ich schicke Sie, lieber Freund, das Buch, aber schreiben Sie doch bald, sagen Sie mir Ihren Aufenthaltsort. meine Adresse ist noch immer die selbe: "An Konferenzrath Collin &".

Øehlenschläger ist auf Reise, er ist schon in Berlin und geht dann über Dresden, Prag, Wien, München, die Rhinweise, über Köln und Brüssel, nach Paris; der Sohn "William" ist mit dem Vater; ich gab ihm einen Gruß nach St. Goar.

Nun leben Sie wohl und heiter. Ihr treuer, wahrer Freund.

H. C. Andersen

Tekst fra: Solveig Brunholm