Dato: 24. juni 1855
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

116 Andersen an Carl Alexander

Kopenhagen 24 Juni 1855.

Mein hoher Herr! mein edler Großherzog! Nach einem langen und strengen Winter, in welchem ich krank gewesen bin, kommt nun endlich der Frühling mit warmen Sonnenschein und grünen Wäldern, doch habe ich noch am vierten Juni mein Zimmer heizen müssen. Es ist jetzt meine Absicht auszufliegen, nach dem Süden zu fliegen, nach der Schweiz und Italien; ja, wenn Gott mir Gesundheit verleiht und es friedlich in den Ländern bleibt, bin ich gesonnen den Winter in Rom und Neapel zuzubringen. Doch bevor ich Dänemark verlasse muß ich Ihnen, meinen hochgeliebten edlen Großherzog meine Brieftaube voraussenden, Ihnen, der Sie, wenn ich gleich in der letzten Zeit selten schrieb, doch immer in lebhaftem und gesegneten Andenken bei mir sind, und besonders in diesem Winter, in dem ich als Schlußband / meiner gesammelten Schriften "das Märchen meines Lebens", welches bereits vor neun Jahren auf Deutsch erschien, jetzt zum ersten Male auf Dänisch geliefert habe. Jenes war nur eine Skizze, dieses hingegen die frische, volle Erinnerung dessen was ich lebhaft fühlte und gewann, ferner eine Darstellung der vielen Bedeutenden und geliebten Persönlichkeiten mit denen der Weg meines Lebens mich zusammenführte, die Eindrucke von meiner Zeit und meiner ganzen Umgebung, welches besonders in meinem Vaterlande ein gewisses zeitgeschichtliches Interesse haben wird. Sie, mein edler, hochgeschäzter Großherzog, wenn Sie dieses Buch einst in der Uebersetzung lesen, werden Sie daraus ersehen wie dankbar, wie innig und treu ich alle Ihre Gnade und Huld aufgefaßt und bewahrt habe, und Alle, welche die Schilderung davon sehen werden Sie mit der Liebe umfassen, die Sie in so vollem Maße verdienen. Ew: Konigliche Hoheit haben in mir, ich darf es sagen, ein treues, immer / ergebenes Herz.

Auch ein kleines Bild von Wilhelmsthal und Eisenach habe ich in den letzten Blättern des Buches gezeichnet, eine Erinnerung vom vorigen Sommer. Die Sagenbücher von Thüringen haben den Hintergrund beleuchtet, doch nur leicht und skizzirend; eine Dichtung von Thüringen werde ich später bringen.

Jetzt ist die Prinzeßin Anna wohl schon seit mehreren Wochen in Berlin. Ew: Königliche Hoheit haben sie wohl schon gesprochen und von ihr eine Schilderung von Dänemark erhalten; möchte eine solche Sie, mein hoher, edler Herr, dazu vermögen einmal die Buchwälder meines Vaterlandes zu besuchen. Mit treuem Herzen Ew: koniglichen Hoheit

innig ergebener

H.C. Andersen

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen