Dato: 31. december 1854
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

115 Carl Alexander an Andersen

Weimar den 31 December 1854. (Diktat)

Eine Lungenentzündung, die mich seit ein Paar Tagen befallen, nöthigt mich, mein lieber alter Freund, zu einer andern Hand als der Meinen, um Ihnen meinen Dank und meine Freude für den gestern erhaltenen Brief auszusprechen. Dieses zu verschieben aber wollte ich nicht, schreiben aber kann ich heut nicht gut, wie gesagt, deshalb erlauben Sie, daß ich die Carnevalszeit anticipire, und meine Worte in fremde Hülle kleide! Aber ich nehme keine Maske vor, und deshalb erkennen Sie mich ohne Mühe.- Sie haben lange geschwiegen! Erinnern Sie sich noch unserer Unterhaltungen in dem grünen Wilhelmsthal? Sie versprachen mir oft Nachricht und Austausch der Empfindungen und Eindrücke - indessen mache ich Ihnen keine Vorwürfe, denn am freisten von allen Geistern muß der des Dichters seyn, und Sie schreiben mir, daß der Ihrige sehr thätig gewesen. Der Beweis den Sie mir hiervon geben, und den ich so eben gelesen, hat mich sehr erfreut. /

Mit Recht nennen Sie es ein Bild, mit Gleichem nenne ich es ein sehr gelungenes. Es ist wahr und einfach, daher schön. Die Form ist eine glückliche, denn sie führt der Seele das zu zeigende auf eine sehr genießbare Art vor, und überdieß ist sie vortrefflich für eine liebenswürdige Specialität Ihres Talentes: Ihre Mährchenhaftigkeit. Ich will sehen, wie ich "das Bild,, den weimarischen Jahrbüchern einverleibe. Beiläufig gesagt haben Sie von den Psalmen den gewählt, den ich von jeher am meisten bewundert habe. Vielleicht erinnern Sie sich noch, daß ich denselben einmal in Ettersburg vorgelesen habe. Ich freue mich daß Sie den Sonnenwendhof auch auf die dänische Bühne bringen wollen. Es ist entschieden eins der besten Stücke aus der Gegenwart mit sehr rühmlicher Beobachtungskraft angelegt, und eben so preißwürdiger Wahrheit geschrieben. Auf unserer Bühne wird nächstens, so Gott will, ein ganz vortreffliches Trauerspiel zum erstenmal / aufgeführt: Bernhard von Weimar, was hoffentlich und wahrscheinlich bei uns und andern Orten Aufsehen machen wird. Es ist ein sehr gewissenhaft gearbeitetes Stück, was in schöner Form die schönsten Charaktere schildert, und ein wohlthuendes Ganze glücklich abschließt. Ich schicke Ihnen das Stück so bald ich es gedruckt in Händen habe. Den Autor nenne ich Ihnen nicht, weil ich seinen Namen zu verschweigen das Wort gegeben habe. Was soll ich Ihnen zum neuen Jahre wünschen? Natürlich das Beste - für Sie, das Beste. Was aber ist das? Das Bewußtsein Ihrer Kraft, das Bewußtsein sie richtig anzuwenden, den festen Glauben an die Macht von der sie stammt! Dies wünsche ich Ihnen.

(eigenhändig) Im neuen wie im alten Jahr Ihr Sie herzlich liebender CA

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen