Dato: 22. november 1853
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

Kopenhagen 22 November 1853.

Eurer Konigliche Hoheit,

theurer, edler Großherzog, mitten in Jütland, auf dem schönen Silkeborg empfing ich Ihren lieben Brief, in dankbarer Stimmung schrieb ich augenblichlich wieder; jetzt bin ich in meinen Kopenhagener Umgebungen, die Cholera ist vorbei, Alles wohl und gesund, die Theater sind angefüllt, das Gesellschaftsleben fängt an, Alles hat wieder das gute, alte Aussehen. -

Vorgestern Abend hatte ich die Ehre und die Freude die junge Prinzeßin von Hessen zu sprechen. Die verwitwete Königinn Caroline Amalia, hatte mich zu Theé eingeladen und war so gnädig persönlich mich der liebenswürdigen jungen Prinzessin vorzustellen. Ich mußte einige meiner Mährchen vorlesen und zwar auf Deutsch; ich hoffe aber das sie bald die dänische Ausgabe wird lesen können; den das Eigenthümliche eben in diesen Arbeiten läßt sich mitunter in einer anderen Sprache nicht wiedergeben. -

Vorige Woche war ich Jubilar; in diesem Jahre sind es 25 Jahre her, daß ich Student wurde; in den letzten Jahren aber ist es Sitte geworden, daß alle die Männer, welche in denselben Jahre zur Universität gekommen sind, sich zu einem großen Gastmale sammeln um die verflossenen 25 Jahre zu feiern. Bei diesem letzten Feste war das Eigenthümliche, daß wir Studenten vom Jahre 1828, wie wir als junge Leute damals scherzhaft sagten, vier große und zwölf kleine Poeten unter uns hatten; es waren wirklich sechzehn, / die damals Verse hatten druken laßen. Jetzt nach Verlauf von 25 Jahren hieß es, daß ich, der von den Kameraden schon damals zu den großen gerechnet würde, der einzige sei, der sich gehalten habe, und daß von den damals 12 Kleinen war einer ein Großer geworden, nämlich Paludan-Müller, Verfasser der genialen Dichtung: Adam Homo. Bei dem diesjährigen Feste wurde von Clausen, früher danischem Staatsminister, ein schöner Toast ausgebracht für die junge Dichtung in Dänemark und namentlich für Paludan-Müller und mich. Ferner verabredete alle die anderen Kameraten die jetzt Beamte, Etatsräthe, Prediger und Gutsbesitzer sind, eine Art Denkmal von diesem Studentenjahre stiften zu wollen, und sie wurden darüber einig eine Geldsumme zusammenzubringen, deren Zinsen mit der Zeit einem jungen Danischen Dichter, der keine öffentliche Anstellung hat, zufallen sollen; das Legat soll den Namen des: "Andersen -- Paludan-Müller Legats" tragen. Die Idee ist hübsch, und ich freue mich über die Anerkennung der Universitetensfreunde.

Uebrigens lebe ich ziemlich stille indem, die neue dänische Gesammtausgabe meiner Schriften gibt mir vollauf zu thun. Unser Theater giebt mehreßreß Neuigkeiten von Hertz, Hauch, Overschou; von einem neuen Ballet von Bournonville, "Eine Volkssage", mit Musik von Niels Gade und Hartmann, erwartet man vieles. Der Bildhauer Jerichau arbeitet an einem colosalen David, von der Universität dazu bestimmt vor der Frauenkirche zu stehen, als Gegenstück einer ähnlichen Statue, "Moses" von Bissen.

Und nun Leben Sie wohl mein hoher, theurer Großherzog! - Ob ich auch nicht bald Brief von Ihnen bekomme so weiß ich doch, daß, Eur: Konigl: Hoheit, mit treuem und theilnehmenden Herzen meiner gedenken; die Sorge für Volk und Land nimmt Ihre Zeit in Anspruch. Gott erfreue und / segne Sie! Vielleicht kan ich noch erleben Eur: konigliche Hoheit hier in Dänemark zu sehen, wo Sie jetzt Verwandte haben. -

Ich bitte das Eur: Konigl: Hoheit mich bei der hohen Gemalinn und bei der kaiserlichen Mutter in gnädig Erinnerung bringen wollen.

Ihr Konigl: Hoheit innig dankbar ergebener H.C. Andersen

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen