Dato: 10. januar 1853
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Frankfurt den 10 Jan. 1853

Lieber Andersen! Grade zum heiligen Abend, schickte mir Lorck Ihre lieblichen Historien, mit den freundlichen Worten für mich darin, ich hätte Ihnen schon eher dafür gedankt, wenn nicht der Jahreswechsel und das Christfest eine solche Menge von Geschäften mich sich brachte, daß ich wirklich nicht dazu kommen konnte. Ihre Historien sind allerliebst, mit der Hünne die eine Feder verliert, habe ich schon manche schwatzhafte Zunge sehr geärgert. »Großmutter« »sie taugte nichts«, »Ein Himmelsblatt« sind in anderer Weise ganz reizend, in alle den anmuthigen kleinen genre Bildern, sind sie unübertrefflich, ich weiß nicht wie Sie immer noch wieder neue Ideen finden. Aber freilig wird jeder Gegenstand unter Ihren Händen zu Poesie, zum Gedicht in Prosa. Ihre Historien finden allgemein Anerkennung, man findet in allen Journalen und Zeitungen davon nachgedruckt, dem dänischen Dichter vergißt man seine Nationalität, besonders wenn er in so liebenswürdiger Weise dem Publikum gegenüber tritt, wie Sie. /

Es war sehr liebenswürdig lieber Andersen daß Sie an mich dachten, und ich danke es Ihnen von ganzem Herzen. Unser Wiedersehn diesen Sommer war so flüchtig daß ich es eigentlich noch nicht recht verschmerzen kann, vielleicht führt Sie dieser Sommer wieder zu uns, und dann auf länger. Ueber unser bleiben hier ist zwar noch nichts entschieden, ich hoffe es aber, da ich sehr gerne hier bin, Natur, Menschen, Verhältnisse, alles sagt mir hier beßer zu wie in Oldenburg. Mein Mann ist lieber dort, bei sein[er] persönliche[n] Stellung zum Großherzog kann ich das auch begreifen. Wo wir aber auch sein werden, jedenfalls hoffe ich einmal wieder auf ein ordentliches vernünftiges Wiedersehn. -

Die Augustenburger bedauerten es unendlich Sie nicht gesehn zu haben, doch verstanden sie es auch ohne Erklärung; sie blieben noch den Winter hier, wo man sie allgemein sehr gerne hatte. Wegen der Gesundheit der Prinzeßin Amalie wollten sie eigentlich nach Italien gehn, doch kam es nicht dazu, da wie Sie wohl wissen erst in diesen Tagen die Geldverhältniße des Herzogs' mit der dänischen Krone geordnet sind. Die beiden Prinzen sind auch hier, die Familie hat ein Privathaus genommen, und wird auch Gesellschaft bei sich sehn. Ich bewundre immer die wirkliche Größe und Würde mit der der Herzog sein Schicksal trägt, und bin überzeugt daß kann nur ein gutes Gewißen thun. Aber das sollteich Ihnen nicht sagen, indeßen ein Dichter steht über allen Partheien, denn als Poet gehört er,und gehört ihm die ganze Welt. -

Meine Kinder lassen Sie sehr grüßen, beide sind groß geworden, ein ganz kleines Töchterchen brachte uns der Herbst, was auch auf Ihre Märchen hofft, es heißt Christa. -

Von Oldenburg kann ich Ihnen wenig erzählen, das Beaulieusche Haus ist leider ganz zerstört, die zweite Heirath des Vaters hat jede Heimath, hat jedes Band zwischen ihm und den Söhnen zerrißen; und ein ganz kleiner Stiefbruder der vor einigen Wochen ankam, ist sehr unfreundlich von den großen Geschwistern empfangen; ich beklage dies unendlich, doch läßt sich wenig dabei machen. Edmund ist noch immer in seinem selbst gewählten Exil, Birkenfeld, Alex war bei Karl in Weimar, ich hoffte ihn hier zu sehn, er kam aber nicht mehr, und wird nach Oldenburg zurück kehren, wenn er nicht aus Oldenburgischen Diensten tritt, was er sehr zu wünschen scheint. Wie trostlos wenn ein so schönes Familienleben zerstört wird. /

Stahr ist ganz von Oldenburg fortgezogen, und wohnt mit der Lewald und seiner Frau in Jena. Große Lücken hat der Tod in der letzten Zeit unter uns ern dortigen Freunden gemacht, auch die jüngste sehr hübsche und liebenswürdige Tochter, der Frau von Gall, deren Sie sich vielleicht als halbe Dänin erinnern ist gestorben.

Wer weiß was uns dieses neue Jahr an großen Ereignißen noch bringt? Wer ist in Deutschland Zum Krieg vorbereitet. Sei es indeß Krieg oder Friede lieber Andersen, so lange ich lebe können Sie meiner aufrichtigen Freundschaft gewiß sein, schreiben Sie auch einmal wieder. Ein herzliches Lebewohl!

Lina von Eisendecher.

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