Dato: 1. marts 1852
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

Kopenhagen 1ste Marz 1852.

Mein theurer Erbgroßherzog!

Bei dem letzten Briefe von Ew: Koniglichen Hoheit fühlte ich mich lebendig nach dem lieben kunstgeweihten Weimar versetzt; die Ausführung der Idee, ein Monument für Göthe, Schiller und Wieland zu errichten, wird mich freuen. Mit wenigen Worten haben Sie mir die Grafinn Rossi so deutlich vorgestellt, daß ich sie mit Theilnahme betrachte, wenn ich auch bedauern muß, daß die Glorie der Kunst sie nicht mehr als die des Salonlebens stärken kann. So oft ich einen Brief von Ihnen, mein theurer, hoher Freund, bekomme, fühle ich und schätze Ihr treues Herz. Es ist jetzt acht Jahre her, daß ich, erste Mal, nach Weimar kam; an Ihrem Geburtstag sah ich Sie zum erstenmal im Theater zu Weimar; auf Ettersburg reichten Sie mir zum erstenmal die Hand; als wir schieden, sagten Ew: Konigl: Hoheit: schreiben Sie zu mir, ich will gewiß antworten! Damals glaubte ich - ich gestehe es ehrlich, - es sei nur eine freundliches Redesart; aber wie treu, wie herzlich haben Sie Ihr Wort gehalten! Durch acht Jahre, unter wechselnden Begebenheiten, den reichen Festen bei Engelands Koniginn, und bei der großartigen Herlichkeiten in St Petersburg - alles dies hat Sie nicht das Dichterherz in Dänmark vergessen lassen. Alles dies geht so oft und so lebendig durch meine Seele; ich fühle oft wie Heimweh nach Weimar; denn diese Stadt steht immer in Sonnenbeleuchtung vor meiner Blicken, sie lächelt mir immer / mit milden Augen an, und ich will so gerne glauben, daß sie für mich noch immer dieselbe liebevolle Stadt sei. In fünf Jahren war ich nicht da. Ja wirklich fünf lange inhaltsreiche Jahre! -

Wenn nun der Frühling kommt, beabsichtige ich nach Schweitz und Nord-Italien zu reisen, aber erst in 8 u 14 Tagen in Weimar zu verweilen, den dahin führt mich meine Sehnsucht. Vor allem bitte ich also um Auskunft darüber, ob ich Eur: Konigl: Hoheit in Weimar ßeingefügt: in Weimarß treffen kan in Maii; meine Abreise von hier hängt nicht wenig von der Witterung ab.Mein neues Stück: Fliedermütterchen - wenn es nicht früher an Sie oder an den Kammerherrn Beaulieu gelangen sollte - bringe ich dann mit. Von dem Theater-Intendanten, von Dingelstedt, in München - ich habe ihn nicht früher gekannt - habe ich einen Brief bekommen; er bittet, ich möchte ihm "Fliedermütterchen" schicken und ihm die besten danischen, für Deutschland passende Arbeiten empfehlen; ich habe schon ein langes Verzeichniß gemacht. Die dänische dramatische Literatur ist in der That so reich, daß man sehr leicht für jeden Abend im Jahre eine originale Arbeit finden könnte.Nur sehr Weniges davon ist in Deutschland bekannt mit Ausnahme von Øehlenschlægers Coreggio, Overskous die Fatalitäten am Hochzeitstage und Herz’s Konig René. Wenn ich nach Weimar komme kann ich, umfaßender als durch Briefe, mit Eur Konigl: Hoheit und Kammerherrn Beaulieu, über die reichßenß dramatischßenß Literatur Reichtühmer sprechen. - Von meinen Mährchen / ist wiederum eine neue schöne Ausgabe in London erschienen, ich gehe nun auch damit um eine

Gesammtausgabe meiner Schriften hier in Danemark zu besorgen, in welcher Rücksicht ich jetzt meine Biographie Bearbeite. Indessen habe ich einige "Geschichten" geschrieben, die sich meinen Mährchen anschließen können. Vielleich werden sie gedruckt mit einigen kleinen damatischen Arbeiten unter dem Titel: aus der Mahrchenwelt und für die Bühnenwelt."

Ueber "In Schweden" habe ich noch, von Eur: Konigl: Hoheit, kein Wort gehört; lesen Sie doch das Büchlein, ich glaube und hoffe die kleinen Bilder wollen ansprechen. - Hier in Dänemark haben wir einen merkwurdigen milden Winter, die Felder sind fortwährend grün, die Störche kamen schon im Januar und kein Eis bindet das Wasser; die letzten Nachte wurden von dem schönsten Nordschein erleuchtet, in wechselnten Farben breiteten die Flammen sich über den Himmel hinaus.

Eur: K. Hoheit wollen meinen Gruß, in allertiefster Ehrfurcht gebracht, an die edle konigliche Gemahlin und die hohen Eltern bringen. Herzliche Grüße an die Frau von Groß, Gräfinn Beust, Kammerherrn und Frau von Beaulieu, der gute Eckermann, Schöll &.

Wäre nur bald der Frühlingsmorgen da, wo ich in Ihre K. H:’s Stube hin eintreten und meinen hohen, theuren Freund sehen könnte; o wie wollte ich mich freuen, denn Sie sind sicher unverändert derselbe, wie ich Ihr, Koniglich Hoheit, treu ergebener H.C. Andersen

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen