Dato: 4. februar 1852
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

94 Carl Alexander an Andersen

W.(eimar) den 4 Februar 1852

Endlich, mein Bester, ergreife ich die Feder um in der Wirklichkeit das zu thun was ich schon längst in Gedanken gethan habe, wenn überhaupt Gedanken nicht Wirklichkeit sind - nemlich Ihnen von Herzen für Ihren lieben Brief, Ihre Glückwünsche, Ihre Erinnerung zu danken. Sie kommen mir in umgekehrter Richtung wie die Schwalbe des Südens vor, die jetzt wohl an den Küsten Afrikas von der bald kommenden Zeit spricht und erzählt, wo sie ihre Sommerheimath im Norden wieder aufsuchen wird. Auch Sie sprechen von Ihrer Heimath - denn da wo man Freunde hat, ist oft die wahre, ist oft die einzige Heimath - doch die Ihrige liegt im Süden, und so möge denn die Nordschwalbe dem Frühling entgegen gen Süden steuern. Noch habe ich Ihr Werk nicht erhalten, von dem Sie mir sprechen, ich werde es begrüßen wie ein Vorbote der Schwalbe. Die Streifen tiefblauen Himmels, die Verkündiger der kommenden bessern Jahreszeit, sind da, ehe die Vögel und blumen kommen. / Ich will mit beaulieu sprechen, der Sie grüßen läßt, um Ihr Stück auf die bühne zu bringen. Mit wahrem bedauern habe ich gelesen, daß Ihr alter Freund, Graf Moltke, gestorben ist, um so lieber vielleicht werden Sie reisen (aus: wissen) denn das ist das tief Wunderbare der Natur daß dieselbe Natur (aus: Sache) die an einem Orte - wie in diesem Fall zum beispiel die berührung mit der Welt nach einem herben Verlust eines Freundes - uns Schmerzen bereitet, an einen andern Ort wohlthuend auf uns einwirkt. - Haben Sie denn lange nichts von der Lind gehört? ich mußte neulich sehr an sie denken. Ich war im Theater; man gab die Regimentstochter; ich sah Gräfinn Rossi in derselben Rolle in welcher mich Jenny Lind entzückt hatte; letztere hinterließ mir, ich gestehe es, einen wohlthuenderen Eindruck, denn so vortrefflich die arme Gräfinn sang und spielte, konnte ich doch nicht über den Eindruck tiefer Wehmuth Herr werden, den mir die ehemalige Gesandtinn machte, die (von) ihrem romanhaften Schicksal nun wieder dem Element zugeführt worden ist, dem sie entstiegen. Jene ist Künstlerinn und als solche nur dieses; der Gräfinn aber sieht man an, daß ihr / die Kunst nicht Zweck, sondern nur Mittel ist, ein Staab auf welchem sie sich tief zeufzend stützt. Ein blick auf ihre schönen und edeln Züge würde Ihnen das eloquenter als alle meine Worte sagen. Arme Frau! Wir haben hier große Kunstgenüsse gehabt, hierzu rechne ich vor Allen eine Ausstellung, welche ich mit meiner Frau veranstaltet habe und in welcher wir zum ersten Mal einen Theil der Kunstschätze dem Publikum zeigten, die aus dem Nachlasse meines Schwiegervaters in unsern besitz übergegangen sind; Meisterwerke von Handzeichnungen (aus: Hauptzeichnungen) Raphaels, MichelAngelos, Rubens, v(a)n Dycks, Leonard(o) da Vinci’s. Zu letzteren gehören jene berühmten Köpfe die er zu dem Abendmahl in jenem Kloster zu Mailand malte, ich habe selten etwas Imposanteres gesehen wie diese Köpfe, den(n) der Anblick imponirt doch wohl am Meisten, welcher uns einen hohen Sinn vor die Seele führt, der bei der zu verfolgenden Absicht unmittelbar nur (aus: uns) die Hauptsache ergreift und alles Uebrige, gleichsam verachtend, bei Seite läßt. - Ich bin jetzt sehr ernstlich mit der Errichtung eines Doppel Monuments für Goethe und Schiller und eines für Wieland beschäftigt, welche alle so Gott will, die hiesige / Stadt schmücken sollen. Ich werde hierbei die Theater der vorzüglichsten Städte Deutschlands u. Europas zur Kontribution einlade(n) u. frage Sie ob das Theater (in) Kopenhagen sich hierzu verstehen würde.

Mein brief wird lang wie einer Erzählung der Helden Homers u. so lassen Sie mich denn schließen indem ich Ihnen noch allerhand Schönes en gros zurufe, dessen Detail Sie kennen u. mir daher erlassen werden CA

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen