Dato: 18. marts 1847
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

Kopenhagen 18 Marz 1847.

Mein lieber, theurer Erbgroßherzog!

Ja, ich habe eine Ahndung, kaum ist dieser Brief mit der Post abgegangen, dann wird ich grade einen Brief von Ihrn Koniglich: Hoheit entgegen nehmen; eine wahre, brennende Sehnsuch danach, habe ich in den letzten Tagen. Ich habe lange nicht geschrieben, denn, wie E: K: Hoheit wissen, ich bin in diesem Winter so schwach gewesen und es wirckt auf der innigen Wille, und bringt eine körperliche Faulheit hervor, man kann nicht daß was man wünscht und will. Dennoch, in den letzten Wochen, bin ich mit Zahnschmerzen gräßlich geqwällt, ich habe sehr gelitten, in mehrere Nächten gar nicht geschlafen, und deswegen bin ich noch mehr schwach geworden.

Ich habe noch nicht Ihren letzten, lieben Brief beantwortet, und im Briefwechsel, ich fühle es wohl, muß es gehen wie beim Federball-Spielen, der Eine wirft, und der Andere schickt wieder zurück. So kann es der Freund fordern, und wenn ich an den Fürsten dencke, ja, dann stehe ich ohne Antwort! - Und doch habe ich eine Ahndung, ich bekomme Brief von E. K. Hoheit und eben früher als diese Zeilen Ihnen vor die Augen treten. Ich glaube an Sie, ich liebe Sie!

Ach, ich mochte so gerne mit Ihnen, mein hoher, theurer Freund, über daß Buch sprechen, welcher Eindruch es auf Sie, eben auf Sie, gemacht habe. Ein Paar Briefe aus Oldenburg und Dresden haben mir auserordenlich viel Freude gemacht, eben durch die Art, man mich durch das Buch aufgefaßt hat; in Kopenhagen scheint es, daß die Freunde mir noch näher gerückt sein.

Der Konig und die Koniginn sind mir auserordenlich gnädig und freundlich; neulich war ich eines Abends da, meine Augen waren angegriffen, die Königinn bott mir einen Schirm an, daß das Licht mich nicht angreifen sollte; ich habe es natürlicher Weise nicht angenommen, aber fühlte recht innig wie herzlich, wie menschlich gut es war. Mein Herz ist voll von der Güte und Freundlichkeit des Königspaars. Ich habe ein großes Herz ich liebe vielen Menschen! und man kan es so fest, so innig!

Der Tod der geistreichen jugendliche Frau von Wolzogen hat mich wehmüthig berührt. Ach wie schön war ihre Freude am Tage da Sie, mein hoher Freund, aus Weimar nach Jena kam, und wir beide da Abschied nahmen; diesen Augenblich vergesse ich nie, auch nicht die segnenden milden Augen die uns da anschaute. Sie ist bei Gott und bei den großen verwanten Geistern. Wie geht es der alten Dame die für die Wolzogen lebte?

Den Improvisator haben E. K. Hoheit kaum noch gelesen, aber später wohl, und dann höre ich davonn. Die letzten Mährchen sind jetzt in einer neuen englischen Ausgabe in London herausgekommen; darinn stehen: die / Galoschen des Glücks, die Schneeköniginn, die Glocke und mehreren. Wenn Eurer K. Hoheit das englische Monatschrift "Athenæum" nehmen wollte, da sehen Sie wie erstaunlich ich als Mährchen-Dichter gelobt wird, es kommt mir, bisweilen mährchenhaft vor. In der deutschen Gesammt-Ausgabe meiner Schriften, die almählich an Eurer K. Hoheit kommen, finden Sie, zwischen den Mährchen, drei neue: "die alte Straßenlanterne", "die Nachbarn" und "der Schatten" dieses letztes gehört, wie ich glaube, zu den besten, welche ich geschrieben habe. Der Schatten ist ein Mährchen ganz bösartig, tragisch.

Der Winter ist wieder in Kopenhagen angefangen! vorige Woche war ein Schneesturm, ein Schneebruch, wie ich sie nie erlebte! viele Menschen auf den Landstraßen sind umgekommen; Erde, Luft und Himmel, Alles war Schneegestöber, es kommt ganz sichert in einem Romane oder in einem Mährchen hinein, denn es schneite mir durch die Gedanken.

Ich lebe sonst ziehmlich stille, denn ich kan gar nicht das Salon-Leben aushalten, es greift mich an. Auf zwei Bällen bin ich doch diesen Jahre gewesen, aber kaum zwei Stunden, bei dem Prinzen Ferdinand und dem Finanzminister Moltke, nur das Theater besuche ich, aber das Haus liegt meinen Wohnung gegenüber, doch oft fühle ich mich so schwach, das ich mitten unter der Vorstellung zu Hause muß; das ist kein rechtes Leben, ich will kein Körper haben!

Bringen Sie mich in gnädigst Erinnerung bei den hohen Eltern; sagen Sie der vortreflichen Frau Erbgroß- / wie innig und danckbar ich mich Ihre Gnade und Milde erinnere. Dem kleinen Prinzen geht es gut? Nicht wahr? Er gedeiht und blüht.

Aus Wien bekame ich gestern, durch die Gesanntschaft, Brief von meinem Reise-Freund, Graf Paar, (Bruder des Fürsten Paar), er war ganz von Jenny Lind, als Künstlerinn und Weib, erfüllt. Er schickte mir das erste Exemplar von der Medallie, welcher man in Wien, zu Ehren der Lind geschlagen hatte; das Bildniß darann ist recht ähnlich.

Und nun leben Sie wohl und glücklich, mein lieber, theurer Erbgroßherzog! ich dencke so an Sie! - ach, wenn meine Hofnung wahr ist, Morgen habe ich Brief aus Weimar! Ihr innig ergebener, treuer

H.C. Andersen.

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen