Dato: 9. november 1846
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Oldenburg den 9 Novemb. 1846

Recht lange haben wir nach Nachrichten von Ihnen ausgesehn, lieber Andersen, bei Ihrem etwas jämmerlichen Zustand fürchteten wir immer Sie mögten krank geworden sein. Gott sei Dank! war die Sorge vergeblich, und Sie sind mit Sonnenschein im Herzen wieder in der Heimath. Es ist doch ein ganz angenehmes Gefühl daß man Sie dort wieder im sicheren Hafen weiß, auf der Reise giebt es doch stets allerlei zu ängstigen. Wir alle gedenken hier noch mit Freuden der hübschen Zeit die Sie bei uns zubrachten; wäre es nur meiner Sorgfalt beßer gelungen Alles Unangenehme abzuwenden, so wäre Ihnen der Besuch in Oldenburg ungetrübt, aber man hat das Schicksal nicht in Händen. /

Nach Ihrer Abreise blieb ich noch 4 Tage hier, und sah auch noch Rötseher, zwar keinen Abend da ich etwas krank war, aber mehrere male Morgens. Er führte mir auch die Freulein S'änger zu, in der ich ein zwar sehr hübsches, aber höchst langweilig-sentimentales Mädchen fand, vielleicht ist sie aber bei näherer Bekanntschaft anziehender. Rötseher gefiel mir auf:richtig gestanden immer weniger, er hat eine so fatale Art immer von sich zu reden, das man es wohl einen hohen Grad von Eitelkeit nennen muß, dabei er ist er tödtlich ermüdend im Gespräch durch seine ewigen Wiederholungen. Der Eindruck den er hier hinterlassen ist eben kein Günstiger. Hier that er über unser Theater sehr entzückt, wozu nach dem was er davon gesehn,. eben kein Grund vorhanden, und Hannover bei Kaiser hater sich sehr mißfällig geäußert, ich finde das falsch. /

In Bremen habe ich eine recht hübsche Zeit verlebt; bei meiner Ankunft fand ich noch Alles voll von Ihnen, die Eine war noch entzückter wie die Andere. Meine Mama hatte sich ganz ausnehmend gefreut Sie einmal etwas näher und länger zu sehn. Ein großer Streit herrschte dort wegen einiger von Ihnen geschriebenen Gedichte, ein Jeder glaubte Ansprüche daran zu haben, ich versprach zuletz noch einige zu schicken. In Bremen sah ich dann auch Qtto Müller, er machte mir einen sehr vortheilhaften angenehmen Eindruck, ganz im Gegensatz zu der glücklichen Braut, die häßlicher und fataler wie je war. Es thut mir doch leid daß Sie beide nicht gesehn, ich hätte gern Ihr Urtheil darüber gehört. Man sagt daß auch Müller glücklich sei, nach seinem sehr gedrückten melancholischen Wesen sollte man es nicht glauben. / Nun mögte ich Ihnen liebster Freund, noch einiges von hier berichten, und da fange ich natürlich mit dem an was Ihnen das Liebste ist, nehmlich Beaulieusen. Alle sind dort woW und freuten sich mit uns über Ihren Brief. Edmund ist ziemlich melancholisch aber doch nicht wüthend dabei, und daher ganz angenehm. Alex ist wie immer, lustig und liebenswürdig, ich kann mich ordentlich fürchten wenn dem das Leben erst einmal ernster vor die Seele tritt, bis jetz hat ihm Alles nur gelacht. Seit einigen Wochen ist auch der Östreichische Bruder August angelangt, er ist vielleicht geistig weniger ausgezeich net wie die andern Brüder, aber unendlich liebenswürdig und' behaglich. Zu Weihnachten erwartet man Carl, Sie können denken daß wir uns Alle darauf freuen. /

Die junge Beaulieu ist noch immer nervös, und mir eigentlich unleidlich, sie hat so wenig Eigenes, und spricht doch über alle möglichen Dinge, von denen sie garnicht versteht, mit größter Sicherheit. Ich lieb_ das nicht, wie überhaupt für mich nur die Natur Geltung hat, 4ie ganz ist, das heißt fern von Allem sein wollenden. Der unbedeutendste Mensch kann nach meiner Ansicht etwas Interessantes haben, durch ein ganz natürliches wahres Benehmen. Bei Hof hat man Ihre Grüße sehr freundlich aufgenommen und von allen Seiten werden sie schönstens erwiedert. -

Stahr ist in diesem Augenblick bei ihr! in Berlin, er soll aber in der Berliner häuslichen Umgebung etwas enttäuscht sein: Die gewiße Bosheit läugnet er hartneckig, ich weiß nicht was ich davon denken soll, mein Gefühl sagt mir daß er der Verfaßer ist. - Mosen habe ich seit meiner Rückehr aus Bremen nur flüchtig gesehn, doch scheint er mir angegriffner wie je.

Nun kommen aber die Kinderchen an die Reihe, und da muß ich Ihnen denn sagen daß namentlich die kleine Gustave täglich von Ihnen spricht, sie macht allerlei Pläne zu Ihnen zu kommen, und hat mit Ihrem Bilde täglich eine zärtliche Unterhaltung. Beiden Kindern muß ich täglich aus Ihren Märchen vorlesen, wo sie denn auch immer von dem Märchen für Tuck und Gustave sprechen. Da Mayer den Brief einlegen will mag ich ihn nicht dicker machen. Leben Sie recht wohl lieber Andersen und lassen Sie bald wieder von sich hören!

Mit herzlichster Freundschaft

Lina von Eisendecher.

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