Dato: 30. september 1848
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl B Lorck
Sprog: dansk, tysk.

[Text fra Nordischer Telegraph]

Ich will Ihnen ein wenig von den Schweden auf Fühnen erzählen; ihr Aufenthalt hier gehört zu den hübschesten, lichtesten Bildern dieses Sommers. Ich sah ihre festliche Aufnahme in den kleinsten Ortschaften, die wehenden Flaggen, die frohen Gesichter. Meilenweit in's Land hinein standen Massen von Bauern, Alt und Jung, und frugen erwartungsvoll: "Kommen sie nun, die Schweden?" Und mit Speise und Trank, mit Blumen und Händedruck wurden sie empfangen. Das waren herzlich gute Leute, wohldisciplinirte Soldaten, und höchst ergreifend war ihre Morgen- und Abendandacht; der Gottesdienst an jedem Sonntag, Alles unter offenem Himmel, nach altem Kriegsbrauch von Gustav Adolphs Zeiten her.

Auf einem alten Edelhofe, wo einer der Kommandirenden mit seinen Officieren und der Regiments-Musik einquartirt war, fand am Sonntage Gottesdienst statt; mit voller Musik marschirten die Truppen in den großen viereckigen Burghof ein, stellten sich auf, die Officiere vor der Front, und ein Gesang wurde angestimmt, begleitet von der Musik. Nun trat der Prediger auf die große Freitreppe, deren hohe steinerne Brüstung mit einen großen Teppich belegt war. Ich erinnere mich noch lebhaft des letzten Sonntags: während des Gottesdienstes war ein düsteres, undfreundliches Wetter; der Prediger sprach von dem Engel des Friedens, der hernieder steige, wie Gottes milder, belebender Sonnenschein, und indem er dies sagte, brach zufällig die Sonne hervor und beschien die blanken Helme, die andächtigen Gesichter. Am feierlichsten aber war die Morgen- und Abendandacht auf der offenen Landstraße; hier wurden die Kompagnien aufgestellet; ein Unterofficier las ein kurzes Gebet und dann stimmten sie alle einen Choral an, ohne Musik, nach dessen Beendigung ein lautes: "Gott bewahre den König!" durch die Reihen erscholl. Ich sah Viele von unsern alten Bauern an den Gräben oder hinter den Zäunen mit entblößtem Haupte und gefalteten Händen stehen, - sie hielten in der Stille den Gottesdienst mit.

Nach den täglichen Exercierübungen ging der schwedische Soldat getreulich seinem Wirthe mit zur Hand, und half mit arbeiten bei der reichen Erndte dieses Jahres, - das war ein Leben, eine Geschäftigkeit, vergnügte Gesichter und gutes Einverständniß! Auf dem Edelhofe, wo das Musikcorps lag, ward jeden Nachmittag bis Sonnenuntergang gespielt; die langen Alleen des Parkes füllten sich mit Menschen aus der ganzen Umgegend; es war alle Tage Festtag! - Am Abend erklang in der Burgstube die schwedische Violine, und dann ging der Tanz an zur gemeinsamen Belustigung. Der fühnensche Bauer und der schwedische Soldat verstanden einander in sprachlicher Beziehung bald. Es war eine Lust zu sehen, wie die Herzen sich einander entgegenschlugen, wie ein Feder nach Kräften das Seinige mit bestem Willen hergab.

Die Achtung, die Freundschaft und das Einverständniß, das in den letzten Jahren zwischen Schweden und Dänemark, meistens durch die Jugend der Universitäten hergestellt ward, ist durch den Aufenthalt des schwedischen Heeres auf Fühnen in Tausende vom Volke eingedrungen. Was wußten der fühnische Bauer und gemeine Mann, was der schwedische davon, wie nahe in Sprache, Geist und Herz wir Nachbarn zu einander standen! Die Erinnerungen an feindliche Zeiten lebten und wurden noch aufbewahrt, sie sind nun bei Seite geworfen und mancher schöne Zug ist statt dessen laut geworden. Der Däne vergißt den edlen Schweden nicht, wir haben seinen Herzenschlag gefühlt; manche kleine schwedische Stadt, die wohl nicht reich sein mag, schoß Geld zusammen, wie die Wittwe im Evangelium ihr Scherflein, für die dänischen Brüder. Als die Nachricht von der Schlacht bei Schleswig durch's Land ging, da versammelte sich hoch oben in Schweden eine Gemeinde in ihrer Kirche; der Prediger betete für den König und das Vaterland; da erhob sich ein alter Bauer und sagte: "Vater, wollt Ihr nicht auch ein Gebet sprechen für die Dänen!" -

Die Schweden zogen aus Dänemark ab, aber im Hause des Bauern, in der Wohnung des Predigers, auf dem Edelhofe ward manches Auge naß beim Abschiede; bei der Einschiffung unter des Nordens wehenden Flaggen, ward mancher gegenseitige Besuch für die kommende Zeit des Friedens verabredet. Die Nationen im Norden haben sich einander verstehen, schätzen und lieben gelernt, und diese Gefühle sind gerade in diesem Sommer gestärkt und vermehrt worden; von dieser Zeit wird man noch lange reden unter Norwegens stolzen Tannen, unter Schwedens duftenden Birken. In den Stamm der dänischen Buchen, wie in die dänischen Herzen sind die Namen des Brudervolkes eingeschrieben. Möge dieser Geist der Einigkeit und Liebe über allen Ländern schweben.

H. C. Andersen.

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