Dato: 27. juni 1860
Fra: Klaus Groth   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Kiel, 27. juni 1860.

Lieber Freund,

bald hätten Sie darum keinen Brief nach München bekommen, weil ich Ihnen immerfort im Geiste auf Ihre Freundlichkeit allerlei mittheilte, und mir so die Zeit unter Händen fortgeeilt ist. Gestern Abend, auf einem Spaziergange im Mondschein um die stillen Wiesen, die unsern Hafen schließen, sagte meine Frau mir plötzlich: Du mußt Andersen schreiben, der juni ist ja zu Ende. - Ihren lieben Brief von Soro und Ihre 4 Bändchen Eventyr, von Rendsburg versandt), erhielt ich seiner Zeit richtig und danke herzlich dafür. Ich habe die Eventyr noch nicht durchgelesen; wenn es geschehen und Ihnen daran gelegen ist, will ich Ihnen gern einmal meine Meinung darüber sagen; doch das ist bei Ihnen jetzt ja eine überflüssige Sache; Wir bedauerten - meine Frau und ich - dennoch sehr, daß die Bücher kamen und nicht Sie. Eine junge Dame aus unserer Verwandtschaft (Frl. Rösing) war untröstlich, daß Sie ausblieben. Wir blicken Ihnen nun denn auf Ihrer schönen Reise nach und hoffen auf Ihre Zurückkunft. - Meine Frau theilt mit Ihnen eine sehr enge Freundschaft mit Jenny Lind, die nenne ich nun meine Verwandtschaft mit Ihnen. Jenny Lind hat in Bremen in meines Schwiegervaters Hause gewohnt und ist ganz heimisch in dem Familienkreise gewesen, wo Geist und Kunstsinn herrscht. Meine Frau und sie sind sogar Dutzschwestern. Sie sehen also, bei Ihrer Ankunft finden Sie schon vorräthigen Stoff für gemüthliche Unterhaltung. - Von Lange (Sorö) und Hoff habe ich Nachricht, daß Herr Hegel den Verlag des Quickborn, Übersetzung mit Original, übernehmen will. Ihr und Ingemanns Vorschlag hat also Erfolg gehabt sowohl bei den Übersetzern als für einen Verleger. Ich muß jetzt nur noch mit meinem Verleger Mauke sprechen, um es (hoffentlich) dahin zu bringen, daß Hegels Unternehmen zu Weihnachten ausgeführt werden kann. Hoffs Übersetzungen scheinen" mir besser als Lange's, ich wollte, ich hätte Sie hier nahe, um mit Ihnen die Arbeiten durchgehen zu können. Ingemanns Interesse für mich hat mich gerührt, sein Name klingt mir schon seit 18-20 Jahren vertraut und mit Dank denk ich des Genusses, den mir seine Romane gemacht haben. Rosenberg hat in den Hviletimer Nr. 5 von mir eine nette biographische Skizze gebracht, zugleich. mit dem Versprechen, ein "Vertelln" als Probe zu liefern; er übersetzt sämtliche Vertelln und wird sie bei Wöldicke verlegen. So komm ich denn plötzlich in Ihrer heimischen Sprache vor Ihre Landsleute. Rosenberg wird auch eine Abhandlung über die niedersächsische Sprachbewegung (vlaemisch eingeschlossen) bringen, wozu ich ihm das Material geliefert habe.

So erzähl ich Ihnen von mir, als wären wir uralte Bekannte. Ich denke mir aber, daß Sie Briefe in die Ferne am liebsten bekommen als Gruß aus der Heimath, voll von dem kleinen Treiben am häuslichen Herd, um Tisch und Schreibstuhl herum. Und sind Sie auch noch nicht wohnhaft in diesen meinen Räumen gewesen, so denk ich mirs doch gern, als sei es. Sie haben den sonderbaren Trieb des Wandervogels, der immer wieder in die Ferne gelockt wird, aber in der Ferne fehlt Ihnen nicht der Zug des Heimwehs, der Sie sicher wieder zu Hause führt. Ich bin anders organisiert, ich mag nicht weiter vom Fleck, als ein guter Kutscher mich fahren mag. Deshalb beneide ich Sie nur um Ihre schönen Erinnerungen, und wenn ich Ihnen jetzt im Geist folge auf Ihren mannigfachen Wegen, so geschieht es mit der reinen Freude, die da hofft Theil zu nehmen, wenn Sie wieder kommen, beladen mit Schätzen für Geist und Herz. Das Einzige, worum ich Sie beneiden könnte, das wäre die selbständige Anschauung, die Sie sich machen können von der politischen Bewegung des Volkes in Italien. Es weht ja neue Frische herüber aus dem Wunderlande über die Völker im Westen; Gott sei mit den tapfern Männern. Der sei auch mit Ihnen, daß Sie uns nicht in eine Fährlichkeit rennen. Schreiben Sie mir bald einmal einige Zeilen (viel schreibt man nicht auf der Reise) und sagen Sie mir dann, wohin ich Ihnen antworten sop, wenn Sie nicht durch diesen Brief allen Geschmack an. meinem Geschwätz verloren haben.

Viele Grüße von meiner Frau. Herzlichst Ihr

Klaus Groth.

Tekst fra: Se tilknyttet bibliografipost