Dato: 12. maj 1845
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

[Bremen, 12.5.1845]

Ihr Brief, lieber guter Andersen, hat mich gestern wahrhaft gerührt, daß Sie mit solcher Liebe und Zuneigung an uns denken ist wirklich liebenswürdig von Ihnen, es ist so selten daß man dergleichen Gesinnungen findet, und daß Sie über allen Ruhm und Ehre uns hier im kleinen Oldenburg nicht vergeßen ist lieb und gut von Ihnen. /

Nun will ich Ihnen aber auch vor allem mein scheinbar langes Verstummen erklären, weil ich garnichts von Ihnen hörte schrieb ich etwa um Weihnachten, der Brief scheint aber verloren gegangen zu sein, denn Sie erwähnen ihn garnicht, aber so wenig habe ich von Ihnen einen Brief in der Weihnachtszeit bekommen, und da Sie schreiben daß Sie in der Zeit einen Brief für mich und H.v. Wedderkop geschickt haben, so muß auch er verloren gegangen sein, das ist recht fatal, denn man ängstigt sich um seine Freunde, wenn man nichts hört. Auf meinen kleinen Zettel den WedElerkop für mich an Sie einlegte, bekam ich Ihre Antwort Ende März, ich hatte für Ihren Geburtstag ein kleine Arbeit für Sie gemacht, und schrieb nun einen langen Brief dazu, da bekamen wir aber große Ueberschwemmungen, und waren 14 Tage bis 3 Wochen, von allem Verkehr abgeschnitten. Darüber'wurde mein Brief so alt, daß" ich ihn nicht mehr schicken mogte. Wedderkop will in diesen Monat nach Schweden und da er auch einige Tage in Koppenhagen bleibt, so sollte er Ihnen das Mützchen und den Brief mitbringen. Aber auf Ihren Angstbrief muß ich gleich antworten! Um Sie über uns alle zu beruhigen, Wedderkop bringt Ihnen in einigen Tagen oder Wochen meinen langen Brief und die kleine Arbeit. /

Es thut mir aber so sehr leid daß Sie um uns gesorgt haben, es ist doch schlimm daß man ohne daß man es will seine besten Freunde quälen kann, es soll aber auch gewiß nicht wieder geschehn, lieber schreibe ich einmal ohne Ihre Antwort abzuwarten. Sie können garnicht denken, wie ich mich über Ihr Glück freue, es muß auch noch immer zunehmen, ich denke mir es kann garnicht anders sein, denn grade Ihre ganz eigenthümliche Gemüths und Verstandes richtung, muß Anerken nung finden, und die Neider verstummen machen. /

Ich freue mich unendlich auf Ihre vielen neuen Sachen, aber denken Sie ich habe noch garnichts davon bekommen, nur ein ganz kleines Heft Märchen, worin die Nachtigall, der Engel, und Ball und Kreisel enthalten, aber von ale Luckäi habe ich noch nichts gesehn, und doch sehne ich mich grade darnach . am meisten. Vor allem aber sehne ich mich nach dem Roman, Sie schreiben nichts näheres davon, wie er heißt U.S.w. und ich mögte es doch so gerne wissen. Am meisten gefreut in Ihrem Brief hat mich aber die Nachricht daß Sie im Herbst kommen, und Sie fragen nach ob Sie uns willkommen sind, das versteht sich ja ganz von selbst, wir können die Zeit wo wir Sie wiedersehn werden, kaum erwarten, und hoffen daß es für eine recht lange Zeit ist daß Sie zu uns kommen. In aidenburg finden Sie eine Lücke durch Kobbes Tod, er hat viel gelitten, und so konnte der endliche Tod seine Freunde nich_ mehr bekümmern, mit Wedderkop schicke ich Ihnen eine hübsche Broschüre über Kobbe, von Professor Stahr, ich denke es wird Sie interessiren. /

Stahr ist auch fort, und zwar auf die große damals wie Sie bei uns waren schon projektirte Reise, nach Italien und Griechenland; vor einem Jahr dürfen wir ihn wohl nicht zurückerwarten. Diesen Winter war auch Herr von Beaulieu aus Weimar mehrere Wochen in aiden burg, wir haben viel von Ihnen gesprochen, Beaulieu hat Sie sehr lieb, das muß ja aber auch jeder der Sie kennt, auch er hofft auf eine baldige Wiederholung Ihres Besuchs in Weimar, und sagte mir auch daß der Weimarsche Hof sich so sehr freuen würde Sie wiederzusehn; und daß namentlich der Erbgroßherzog große Stücke auf Sie hielte, ich freue mich immer wenn man Sie erkennt, wie Sie wirklich sind, in Ihrer reichen, liebenswürdigen, tief poetischen Natur, und jeder Tadel der Sie trift, verletz mich als wenn er mir selbst geschähe. - .

Sie schreiben in Ihrem neuligen Brief, viel von einen deutschen Buche, Skandinavien von Eduard Boas, es hat im allgemeinen in Deutschland recht gefallen, da aus allem eine liebenswürdige' heitere Persönlichkeit heraustritt, die Skitzen der dänischen Dichter hat man mit großem Interesse gelesen, doch konnte man freilig nicht wissen woher Herr Boas seine Nachrichten habe. Mehr Aufsehn wie: »Skandinavien«, macht aber ein ähnliches Buch von Heinrich Laube, »Drei Königsschlößer im Norden«, es ist gewandt und anmuthig geschrieben, aber gewaltig oberflächlich. Haben Sie denn Wedderkop Bilder aus dem Norden gelesen? Sie wollen bei uns keinen rechten Anklang finden.

Für heute liebster Andersen, müssen Sie schon mit diesem Brief zufrieden sein, ich bin auf einige Tage hier in Bremen, um die Kunst-Ausstellung zu sehn, die wirklich eine Menge ausgezeichneter Gemälde enthält. Mein Mann läßt Sie auf das allerschönste grüßen, und freut sich mit mir auf das Wiedersehn im Herbst. Auch mein kleiner Herr läßt grüßen, und ein ganzen päckchen Grüße schicken die beidenBremer Freundinnen für Sie.

Leben Sie wohl, lieber theurer Freund, und glauben Sie daß Ihnen mit wahrer innige Freundschaft zugethan ist.

Lina von Eisendecher.

Bremen den 12 Mai. 1845

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